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Weingutsführung am 15. September 2018 im Ruwertal

Karlheinz Haubs

 

Die Weingutsführung im September 2018 führte knapp 70 Teilnehmer unserer Bruderschaft bei schönstem Spätsommer-Wetter ins Ruwertal. Rund fünfzig Kilometer fließt der Zufluss der Mosel aus dem Hunsrück ins 500 Höhenmeter tiefer gelegene Moseltal und am Unterlauf finden sich verteilt rund 350 Hektar Rebinseln mit einer für das kleine Gebiet erstaunlich hohen Zahl herausragender Riesling-Erzeuger von Weltruf. Die Ruwerweine sind charaktervolle Gewächse, die sich neben ihrer feinfruchtigen Säure durch eine betont würzige, manchmal auch leicht erdige Art auszeichnen. Sie gelten aber auch als die zartesten und delikatesten Weine der gesamten Moselregion, sollten jedoch nicht allzu jung getrunken werden, damit die mineralischen Säuren und Fruchtaromen sich entwickeln können. Das Ruwertal, bachschmal und weinberühmt, ist ein Stück lebendige Landschaftsromantik.

 

Zum Auftakt unserer Exkursion trafen sich Busse und Selbstfahrer im Schlossgut Marienlay Reichsgraf von Kesselstatt in Morscheid. Hier begrüßten Bruderschaftsmeister Helmut Orth und Gattin, ebenso wie die Weinkönigin des Tals und ihre Weinprinzessin die Teilnehmer, darunter auch den Präsidenten der niederländischen Weinbruderschaft NGW Raymond Janssen mit seiner Frau. Herr Orth erinnerte in seinem Grußwort an das Ruwertal-Lied von Hoffmann von Fallersleben "Wo grüne Hügel, rebumglänzt …" und dann übernahm Betriebsleiter Wolfgang Mertes die Führung durch das fast 670 Jahre alte Weingut, zu dem 46 Hektar Rebfläche an Mosel, Saar und Ruwer gehören. Weinbruder Mertes hatte 2006 die Verantwortung für den Weinausbau von Bernward Keiper übernommen, der 41 Jahre lang als Kellermeister zuständig war, eine Weinlegende über das Ruwertal hinaus. Der Senior-Experte, ebenfalls Weinbruder, der auch die Organisation dieser bacchantischen Landpartie zusammen mit Zeremonienmeister Bernhard Faber übernommen hatte, begleitete unsere Gruppe während des ganzen Tages.

 

Herr Mertes sprach die Historie des Weinguts an, den Führungswechsel nach dem Tod von Frau Annegret Reh-Gartner, die das Gut seit der Übernahme von der Familie derer von Kesselstatt reorganisiert und zu lichten Höhen geführt hat, und führte durch die Produktionshalle sowie das technisch-modernisierte Kelterhaus. Er wies auf die schonende Verarbeitung des Leseguts hin, wonach die Trauben durch einen Fülltrichter in eine der vier im Stockwerk darunter plazierten Pressen gelangen und so das Einmaischen und die Maischestandzeit entfallen. Die neuartigen Kelter sind mit einer Kühlungsmöglichkeit ummantelt, was sich besonders in diesem Jahr bewähren sollte, weil die Trauben bei hohen Temperaturen angeliefert werden könnten.

 

Bei dieser schonenden Form der Traubenpressung verringert sich zwar der Extraktgehalt des Mostes, da weniger Substanzen aus den Beeren gelöst werden, der Most aber weniger Phenole bei mehr Säure und eine höhere Fruchtigkeit aufweist. Der natürliche Gärprozess (Spontangärung) findet dann in Edelstahltanks statt, temperaturgesteuert, luftdicht abgeschlossen, womit Oxidation verhindert werden soll, und sich Weine entwickeln, die sich durch fruchtigen Charme und rassige Eleganz auszeichnen. Große Gewächse freilich werden auch im Holzfass ausgebaut. Wir bekamen drei Weine zu probieren, vom 2017er Gutswein bis zu einer gereiften Spätlese mit subtilen Aromen und einer belebenden Säurestruktur. Ein Erlebnis!

 

Wir verließen den Vorzeigebetrieb und wurden von den Bussen zum nächsten Aushängeschild des Ruwertals gebracht, dem Karthäuserhof in Eitelsbach. Dieses Weingut mit Schloss-Charakter beruht auf einer langen und bewegten Geschichte, vom Aufbau durch Karthäusermönche ab 1335, der Privatisierung nach der napoleonischen Zeit und nunmehr seit Generationen im Familienbesitz. Die Geschäftsführerin, Frau Lübcke, die uns vor dem Herrenhaus begrüßte, wies stolz daraufhin, dass es sich hier um das achtälteste Weingut weltweit handelt. Ebenfalls erwähnt wurde eine Einmaligkeit in der deutschen Weinwirtschaft, nämlich dass das Hauptetikett traditionell nur aus einer Halsschleife besteht, die verschiedene Symbole aus der Geschichte des Gutes zeigt: Mitra, Kreuz und Krummstab.

 

Das Weingut verfügt über 17,5 Hektar, zum klassischen Riesling kommt noch etwas Weißburgunder dazu. Das idyllisch einsam am Eitelbach gelegene, von altem Baumbestand umgebene Anwesen mit einstiger Wasserburg und angeschlossenen Stallungen für Pferde (ehemalige Trakehner-Pferdezucht), verleiht dem Ort ein Stück Zeitlosigkeit. Daneben imponiert der sich im Alleinbesitz befindliche Karthäuserhofberg, der als Großes Gewächs klassisfizierte, bis zu 55% steile Weinberg auf verwittertem Devonschiefer. Frau Lübcke präsentierte als Entree einen trockenen 2008er-Gutsriesling, der das Entwicklungspotential der Ruwer-Weine aufblitzen ließ. Dann im Keller wies sie auf die aus 10.000 Flaschen bestehende Schatzkammer hin, deren ältester Wein aus dem Jahre 1921 stammt. Dazu kam ein 2017er Riesling zum Ausschank und schließlich bekamen wir noch das Verkostungszimmer des Weingut zu sehen, ein historischer Raum mit Holz und Kacheln von Villeroy & Boch ausgekleidet sowie Mosaiken mit den Abbildern von Trier und den Burgen Eltz und Cochem. Zum Abschluss unseres Besuchs wurde uns eine 2011er Riesling-Auslese eingeschenkt. Das flüssige Wunder aus dem Ausnahmejahr brachte unser Mosel-Ideal ins Glas: perfekte Balance zwischen Frucht und Säure. Langlebige filigrane Eleganz!

 

Herr Orth bedankte sich für die Führung und wies dezent auf vergangene Schwierigkeiten des Gutes und deren glanzvolle Überwindung hin. Noch beeindruckt von so viel Historie warteten wir dann im Sonnenschein mit Blick auf den erhabenen, rebbedeckten Hang des Karthäuserhofbergs, auf dem die Rieslingreben ihrer Vollendung entgegenreiften, auf die Sammeltaxis, die uns zu Gut Sommerau bringen sollten, weil dieser kleinste Ort des Ruwertals, versteckt und idyllisch-ruhig in einem Talkessel gelegen, mit Bussen nicht erreichbar ist. Über dem Weiler thront eine Burgruine aus dem 13. Jahrhundert und 1898 wurde hier ein Weingut mit sechs Hektar Rebfläche errichtet, das in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts an die Unternehmerfamilie Willkomm überging. Nachdem die Weinverarbeitung mittlerweile zentralisiert in Bernkastel-Kues vorgenommen wird, wurde das alte Kelterhaus mit bis zu einem Meter dicken Außenmauern aus Naturschiefer 2014 aufwendig saniert und ist heute ein Restaurant, das uns für die letzte Station unserer Weinexkursion zum Abendessen aufnahm. Aus der Schatzkammer der Bruderschaft wurden verschiedene Ruwerweine ausgeschenkt, so zur Begrüßung auf der Terrasse ein 2009er Kaseler Nies’chen Riesling Auslese vom Weingut Erben von Beulwitz.

 

Mit dem Abendessen und begleitenden Weinen ging der heiter-beglückende Tag der Weingutsführung zu Ende und rieslingselig stiegen wir am Bahnhof in Ruwer wieder in die Busse, die uns heimwärts brachten.

Fotoserien

Weingutsführung am 15. September 2018 im Ruwertal (SA, 15. September 2018)

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Sa, 15. September 2018

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